Um 8:30 wirft mich der Bagger aus meinem Terrassenbett, rrrrr. Am Sonntag! Mein Versuch, ins Schlafzimmer zu wechseln, scheitert; das ganze Haus bebt. Mein Mann schläft dennoch tief und fest. Also nutze ich die relativ frühe Morgenstunde, lese und schreibe Emails.

Mir fällt eine Idee ein, womit ich Nom eine Freude machen kann. Sie hatte gestern während unserer Abwesenheit mein Moskitonetz neu gespannt und die Leiter-Wassereimer-Konstruktion meines Mannes ersetzt. Zudem war sie in der Wäscherei und hat uns neue Bettwäsche gebracht. Sie ist so freundlich, dass ich ihr auch mal eine kleine Freude machen möchte. Hm, was schenkt man jemandem, der im Paradies lebt und eigentlich alles hat? Am liebsten würde ich ihr eine kostbare Frucht schenken, aber Durian verträgt sie nur in sehr kleinen Mengen. Ich schaue mich im besten Supermarkt des Ortes um. Ich will etwas, bei dem ich das Gefühl habe, ihr etwas wirklich Gutes zu tun. Irgendwelche Importschokolade fällt damit aus. Ob sie Jackfrucht mag, weiß ich nicht. Ich lande bei den geschälten, sehr ansehnlich verpackten Nüssen. Die sind trotz der Trocknung recht teuer: 200g Macadamias kosten 7€. Irgendwie finde ich das zuviel für ein denaturiertes Produkt, auch wenn ihr das vermutlich egal ist. Mir geht es aber auch um meine Authentizität. So habe ich z.B. beschlossen, nicht mehr zu backen. Es passt einfach nicht mehr zu mir. Das können Menschen tun, die Freude daran haben. Ich gehöre nicht mehr dazu. Für die Familie werde ich daher zukünftig eher beim Bäcker Kuchen kaufen und Obstsalate schnippeln. Den mögen alle und mir geht es auch gut damit.
Nom schenke ich heute ein Päckchen mitgebrachte rohe Cashews. Das Produkt kennt sie, zudem sind sie saftig und ich glaube, damit kann ich ihr wirklich eine Freude machen.

Übrigens sagte sie mir auf meine Frage nach Chempedak, eine wilde Sorte gebe es in Phukets Wäldern, aber er habe nur wenig Fruchtfleisch und man röste ihn daher, weil man dann die Kerne mitessen könne. Ach, verrückte Welt...

Die Geckos sind inzwischen beinahe Familienmitglieder. Mein Mann ist da wesentlich empfindlicher als ich, hat sie aber gut toleriert. Gestern nun war aber das Maß für ihn voll, als abends eine fette Ratte über die Terrasse lief. Da kam ihm eine mauzende Katze ganz recht, die er nach unserem häuslichen Muster mit Wurst, Fisch und Fleisch zu füttern versuchte. So richtig anfreunden konnte sie sich mit nichts. Aber die Ratte blieb erst einmal verschwunden und hat mich auch nachts nicht besucht.

Nach dem Frühstück geben wir unsere Wäsche in einer Wäscherei ab, bei 50 Cent pro kg gönne ich mir waschfreien Urlaub. Auf dem Weg dorthin sehen wir dem Ausästen von Kokospalmen zu.

Am späten Vormittag fährt uns Manfred ein bisschen durch die Gegend und zeigt uns verschiedene Strände, traumhaft schöne Ausblicke, die luxuriösen Anwesen von Prominenten und erzählt uns einiges über Land und Leute.

Mir gefallen vor allem zwei Dinge: Thais fragen sich bei einer Begegnung immer, ob sie heute schon Spaß hatten und ob sie schon gut gegessen haben. Es gebe hier nicht die ausgeprägte Mentalität der Deutschen, ständig Geld ranschaffen zu müssen. Er lädt uns unterwegs zu einem Wasser ein und dort bestätigen sich seine Worte: 4 Personen sitzen in einer ärmlichen Hütte und verkaufen Getränke und etwas Essen. Eine Frau liegt auf der Rückseite der Hütte und erzählt mit ihrem Freund. Alle wirken zufrieden und lachen viel.

Auf meine Frage nach dem hiesigen Durchschnittsverdienst sagt Manfred, dass sei so nicht zu beantworten. Man lebe hier ganz anders als in Deutschland, oft mit mehreren Personen in einem Raum, so dass nur wenig Mietkosten anfallen. Essen koste sehr viel weniger als bei uns. Auch helfe man sich innerhalb der Familie, indem einer z.B. in einer Behörde arbeite und die Familie über Wasser halte, während andere eben mit dem Verkauf oder Dienstleistungen dazuverdienen. Generell könne man auch das hiesige Arbeitspensum nicht mit dem in Deutschland vergleichen. Während ein Zimmermädchen dort 15 Zimmer am Tag putzen müsse, seien es hier nur 3-4. Er sei bei diversen Bauvorhaben regelmäßig an der Qualität der Arbeit verzweifelt, aber man müsse sich damit arrangieren, weil den Menschen hier andere Dinge wichtiger sind.

Mir gefällt, was Manfred weiter erzählt: dass die Thais in ihren Nachrichten zuerst über Gutes aus ihrem Land berichten, dann über Ereignisse aus der Welt und erst dann über weniger schöne inländische Ereignisse. Bei uns bin ich oft schon nach den ersten zwei Minuten der Nachrichten gesättigt.

Ich betrachte während der Fahrt aufmerksam die Natur. Manfred zeigt uns wilde Bananenpflanzen, "die haben so viele Kerne, da bist du nur am Spucken", leider sind gerade keine dran, aber er zeigt uns Bananenblüten, die seine Frau sehr lecker zubereite. Auch wilde Orchideen sind zu sehen, ansonsten eher vergleichsweise wenig Blüten. Dann erblicke ich dattelähnliche Gehänge, aber das sei die Betelnuss. Seine Schwiegermutter kaue sie gerne, sie habe eine berauschende Wirkung und verfärbe die Zähne schwarz.

Interessant ist auch, was uns Manfred zu sich selbst erzählt: Er habe als Journalist in Asien und Amerika gearbeitet, u.a. als Berichterstatter vom Vietnamkrieg. Später habe er aufgrund seiner Sprachkenntnisse für die Amis in Thailand gearbeitet. Nom habe u.a. in Köln als Ausbilderin für Hotelpersonal gearbeitet. Noch heute bekomme sie Post von ehemaligen Azubis, die in anderen Ländern ihr berufliches Glück gefunden haben. Lange haben sie überlegt, wo sie sesshaft werden, Manfred wäre auch gerne in Mexiko geblieben, weil er das Spanische nicht nur sprechen, sondern auch lesen könne. Sie haben sich aber dann doch für Thailand entschieden, weil es ein Vorteil sei, wenn einer Wort und Schrift verstehe und bei den Behörden entsprechend auftreten könne und die Mentalität verstehe. Ihm sei einiges immer noch fremd, zumal er sehr authentisch agiere, was aber hier nicht immer von Vorteil sei. Es gebe auch mit seiner Frau Tabuthemen, wie z. B. seine Ansichten zum Flug der Königin nach Frankreich zum Haare schneiden.

Wir lassen uns in einer Strandbucht absetzen und verbringen dort einen schönen Tag. Es ist dort etwas steiniger und sieht mit dem weißen Sand und dem blauen Wasser wie auf einer Postkarte aus. Mittags esse ich mit himmlischem Genuss drei Päckchen Jackfrucht. Danach lerne ich die thailändischen Zahlen bis 1000. Ist eigentlich ganz einfach, wenn man das Prinzip durchschaut hat. Nachmittags laufen wir ganz entspannt nach Hause.

Wir haben Lust auf einen Bummel im quirligen Nachbarort und nehmen uns im strömenden Regen ein Taxi. Während mein Mann zielstrebig in einem Sportartikelgeschäft die Sale-Angebote durchstöbert, freue ich mich über drei verschiedene Sorten Durian: Zuerst lasse ich mir in einem Markt eine MornThong Frucht öffnen. Eigentlich will ich die komplette Frucht nehmen, aber der Verkäufer gibt mir nur ein Segment, was ich als Zeichen des Universums ansehe. Im Supermarkt gibt es dann traumhaft weichen geschälten Kahnyao und fast breiartig weichen MornThong.

Am Ende des abends habe ich mit Unterbrechungen insgesamt 2,5 kg Durian (netto!!!, abzüglich der Kerne) verdrückt. Keine Frage, das ist viel zu viel gewesen. Es war die reinste Fressorgie. Diese unglaubliche Reife und Frische haben alle angedeuteten Sperren wie leichtes Kratzen im Hals und Bauchsperre weggewischt. Es erinnert mich an frischen Hefekuchen direkt aus dem Ofen im Gegensatz zum drei Tage alten Kuchen bei dem, was uns per Paket erreicht. Ich glaube, ich muss hier 10 Jahre bleiben, ehe ich beim Durian mal die Sperre akzeptieren kann.

Andererseits fiel mir später aber auch auf, dass einige Päckchen wie bei dem geschälten Durian von Orkos eine Flüssigkeit enthielten. Hm, sie sind laut Verpackung heute erst geschält worden, also vermutlich nicht angefroren. Vielleicht ist die überdurchschnittliche Durianliebe einfach ein Sabine-Phänomen. Wenn ich aber auch meine Gelüste auf Jackfrucht, Koriander und andere Kräuter dazu nehme, dann weiß Gott allein, wozu das gerade gut ist.

Danach spazieren wir über den Nachtmarkt. Mein Mann schlemmt hier für jeweils 50 Cent mit Fleischspießen und frischen Backwaren. Auch hier bietet eine Frau geschälten Durian an, die Saison scheint also wieder zu beginnen.

Wir genießen das aktive Nachtleben, wo schon dieser kleine Küstenort Berlin in ein kleines Provinznest degradiert. Wie muss es dann erst in Phuket-Town oder gar Bangkok zugehen? Es findet um Mitternacht noch eine lautstarke Veranstaltung im Kickboxen statt, alles ist quietschbunt erleuchtet (zum Glück nur selten weihnachtlich, passt hier irgendwie sowieso nicht her) und es sind viele Leute unterwegs. Unsere Söhne werden vermutlich keine Langeweile haben. Wir sind jetzt in jeder Hinsicht gesättigt und freuen uns auf einen neuen Tag in unserem ruhigen Örtchen.

Bei unserer Rückkehr sehe ich einen vermeintlich dicken Käfer in meinem Obst sitzen. Später vermuten wir, dass es die Mammutvariante einer Küchenschabe (Kakerlake) war. Was soll's, habe sie gefangen und nach draußen gebracht.

:)