Mittwoch, 3.5.2015

Liebe Sabine, du tätest gut daran, deine selbst aufgestellten Regeln zu beherzigen. Dazu gehört, keine Kombinationen aus mehreren Sorten einer Frucht und abends kein Trockenobst zu essen. Dann sparst du dir in der Folge auch die nächtlichen Toilettengänge. Und sinnvoll ist es auch gerade am Abend, die (obstigen) Mengen unter einem kg zu belassen.

Mich beschäftigen auf dem Weg zur Arbeit die Gedanken von Matthias zur Verpestung der Umwelt. Es ist ein Jammer. Gibt es noch irgendwas, was bedenkenlos gegessen werden kann? Dass eingeflogenes Obst keine gute Idee ist, ist mir schon lange klar. Aber nun wird es auch beim Wild- und Weidefleisch mitsamt den Innereien sowie selbst bei Kräutern problematisch. Wildes Obst gibt es nur kurzzeitig und wächst oft genug an Straßenrändern. Gemüse kann ich zwar schälen, aber das Kerosin rieselt dennoch auf die Böden, die Schornsteine rauchen und nicht nur die. Ich habe mich gerade heute mal wieder erschrocken, wie viel geraucht wird. Dieser bodenlose Gestank zieht mir fast die Schuhe aus, gerade am Morgen.

Hm, bleibt noch die Keimsaat. Aber diese vielen Körner auf einem Haufen sind auch unnatürlich. Und unser Wasser ist von Medikamenten und Chemie belastet. Himmel Herrgott nochmal, was nun, was tun?

Ein tropisches Paradies suchen? Die Enkel nur per Skype groß werden sehen? Den Kontakt zu den Kindern mehr oder weniger über die zeitliche und räumliche Distanz verlieren? Kommt nicht in Frage.

Klar, Selbstversorgung ist möglich. Reduziert aber auch nicht grundsätzlich die Belastung, weil wir auf viele Dinge kaum Einfluss nehmen können. Und nun?

Was mir dazu einfällt, ist eine möglichst einfache Lebensweise: weniger Arbeit zum Gelderwerb, statt dessen ein zwar aktives, aber nicht vom Wahnsinn irgendwelcher chaotischen Aufträge etc. abhängiges Leben. Mehr Ruhe und Zeit zur Selbstbestimmung. Mehr Zufriedenheit im Einfachen finden. Dann bin ich auch regelmäßig mit einfacher Nahrung zufrieden. Das fängt schon damit an, mich darum kümmern zu können, täglich an verschiedenen Blüten zu riechen, entlegene Wege zu beschreiten, Wildsorten an Obst ausfindig zu machen. Bei meiner letzten Fortbildung habe ich zum Beispiel eine Streuobstwiese gefunden. In einem Kurort, aber in Nachbarschaft zu einem Parkplatz.
Es wird wohl immer Kompromisse geben (müssen).

Und es wird jede/r für sich eine eigene Oase finden müssen. Für mich ist zum Beispiel das Meer eine solche. Deswegen fahren wir auch im Sommer immer an die Ostsee, gehen an einen entlegenen Strandabschnitt, wo rundherum Naturschutzgebiete sind. Dort ist die Welt noch halbwegs in Ordnung.
Perspektivisch werden wir auch öfter im Norden sein, wenn mein Mann sein Elternhaus fertig umgebaut hat. Die Luft ist so wunderbar. Auch dort gibt es bewirtschaftete Felder, aber wesentlich weniger Verkehr und keine größeren Flughäfen in der Nähe.

Aber es geht doch gar nicht nur um uns und unsere Existenz. Was wird aus unseren Kindern und Kindeskindern? Das bereitet mir fast noch mehr Kopfzerbrechen als die Frage, ob und wo ich die nächste Ananas herbekomme. Wie wollen wir den Enkeln unser Erbe erklären? Sicher kann jeder für sich sagen, ich alleine kann doch nichts ändern und wenn ich nicht fliege, tun es zehn andere. Aber wo will man anfangen, wenn nicht im Kleinen? Man kann natürlich argumentieren, wie ich es lange Jahre auch getan habe, dass mit dem ungespritzten Obst die dortige Natur erhalten bleibt, Menschen eine gesunde Arbeit und Lebensgrundlage haben. Aber dasselbe gilt auch für hier.

Für mich habe ich daher erst einmal beschlossen, vorerst keine weiteren Tropenfrüchte zu bestellen. Ich habe im Bioladen sehr schöne Aprikosen gesehen, es gibt regionale Erdbeeren, die herrlich dufteten, die Kirschbäume hängen ähnlich voll wie die Stachelbeeren. So lange es geht, will ich jetzt wieder regional essen. Vorerst gibt es ohnehin noch ein paar tropische Vorräte zu vertilgen.

Mittags gab es 1136g super reife Papaya von Benjamin. Anschließend habe ich 250g getrocknete Maulbeeren gegessen. Sie waren schon (zu) alt und dennoch so ein guter Energiespender. Die neue Ernte steht ja kurz bevor. Ich muss unbedingt meinen Kopf bei Bestellungen mehr einschalten.
Sie waren ja eigentlich genau wie die gestrigen Trockenbananen als Proviant für die Entbindung gedacht, aber das ist sowieso Blödsinn. In der Geburt denkt Frau nicht an das Essen und danach kann ich mir vor Ort was holen.

Dann gab es noch einen besonders schönen Nachtisch: Über das hauseigene Intranet wurden Interessenten für einen Spanisch-Grundkurs gesucht. Das Ganze als Bildungsurlaub für eine Woche im selben Ort, 5h täglich. Thai wäre mir zwar lieber, aber genau so was habe ich mir gewünscht: ohne weite Strecken den diesjährigen Bildungsurlaub abgreifen und irgendwas mit Sprachen lernen. Jetzt hoffe ich, dass sich genug Teilnehmer finden. Zwei fehlen noch, dass der Kurs stattfinden wird.

Nachmittags war ich 140 Minuten am See walken. Das war herrlich und vereinte drei Bedürfnisse in einem. Ich wollte Bewegung, frische Luft und Wärme.
Eines wird mir immer wieder klar: Eine Läuferin werde ich nie werden. Ich habe es als Schulkind schon gehasst, diese Runden auf dem Sportplatz zu drehen, und auch jetzt war es nur selten die wahre Freude. Der Fuß hat nicht umsonst gestreikt. Ich werde daher meiner Lust am walken weiter nachgehen und nur dann laufen, wenn es mir ein inneres Bedürfnis ist.
Statt dessen fühle ich mich beim Krafttraining sehr an das frühere Athletiktraining als Turnerin erinnert. Es kommt mir so vor, dass mit zunehmendem Alter und vorhandener Zeit wieder all das interessant wird, was mir als Kind schon am Herzen lag.

Anschließend war ich zu zwei halben Saunagängen im Fitnessstudio. Das hat auch super gepasst, weil heute nur Frauensauna war und außer mir keine weitere Frau da war. So konnte ich im Ruhebereich noch ein ungestörtes Ganzkörpersonnenbad genießen und in aller Ruhe diese Zeilen schreiben.

Im Kursraum tobten sich ein paar Frauen beim Zumba aus. Allein bei der Musik bekomme ich die Sperre. Was bin ich doch froh, nicht mehr alles mitmachen zu wollen und zu müssen.

Auf dem Rückweg kam Appetit auf, so dass es zu Hause von halb acht bis halb neun die letzten 437g Wildschweinrippen gab. Besonders gut fand ich ein Stück Brustbein, da war viel Knochengebälk dran. Der Hund bekam die restlichen Knochen und Knorpel. Nun ist das Wildschwein alle. Beim Essen dachte ich: Egal, was du alles in dir hast, du schmeckst dennoch verdammt lecker. Ich werde mal sehen, ob ich Frischling bekomme, da sind weniger Gifte gespeichert. Denn so ganz ohne fettes Fleisch, das wird bei mir gerade gar nix.